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“Meine einzige Waffe ist die Kunst”

Interview mit der ukrainischen Künstlerin Nina Khyzhna, derzeit Artist-in-Residence in Graz
von Andreas Stangl

Foto: Thomas Raggam

Nina Khyzhna ist Theaterregisseurin, Choreografin und Performerin. Sie stammt aus der ostukrainischen Stadt Kharkiv und ist seit Oktober Stipendiatin des „Styrian Artists-in-Residence”-Programms des Landes Steiermark. Anfang November kehrte sie von einer Recherchereise für ihr Theaterprojekt mit dem Titel “Nobody died today” (etwa: Heute ist niemand gestorben) aus der Ukraine zurück. Die Theaterperformance soll vor Weihnachten drei Mal im Grazer Theater im Bahnhof (TiB) aufgeführt werden.

„Der erste Teil des Projekts sind Workshops für die ukrainische Gemeinschaft in Graz und für hiesige Leute, die Interesse an Theater, Körperarbeit und Integration haben”, skizziert Nina Khyzhna die Arbeit, die sie unter der Ägide des Grazer Performance-Kollektivs „Das Planetenparty Prinzip” in Zusammenarbeit mit dem TiB entwickelt. „Dann werden wir Menschen über ihre Erlebnisse interviewen und danach, so arbeite ich für gewöhnlich, forme ich das in Theatermonologe. Es werden auch ein paar Performer:innen aus der Ukraine kommen und gemeinsam kreieren wir eine post-dokumentarische Performance, in der wir auch Körpersprache, Körpertext, Bewegung und Musik einsetzen werden.” Insgesamt plant sie derzeit, vier Personen auf der Bühne auftreten zu lassen. Eventuell wird noch jemand aus Österreich dazu kommen: „Wir entscheiden das in den kommenden Wochen”.

Offiziell hat Nina Khyzhnas Künstlerresidenz im Oktober begonnen. Nach Graz kam sie mit Hilfe von Freunden allerdings schon im März, ungeplant, nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Seither pendelt sie immer wieder zurück nach Lviv, wo sie zuletzt mit Theaterarbeit beschäftigt war, und in ihre Heimatstadt Kharkiv, wo sich ihr Lebenspartner, der ebenfalls Theatermacher ist, derzeit aufhält.

„Die Situation ist verrückt, vollkommen verrückt. Gerade war ich noch in der Ukraine und habe Geschichten gesammelt von einigen meiner Freunde, die als militärische Freiwillige arbeiten, und jetzt bin ich hier, wo alles so anders ist. Es sind zwei verschiedene Welten, und das fühlt man auf verschiedenen Ebenen. Man braucht nur aus dem Bahnhof zu kommen und schon spürt man, dass die Leute eine andere Körperpräsenz haben – weicher, ruhiger. Weil ich mit Körpern arbeite, fallen mir solche Dinge auf. Auch wie sich die Leute bewegen, wie sie in Lokalen sitzen. In Lviv sitzen die Leute zwar auch in Lokalen, aber sie haben eine andere Rhythmik, sie sind wie elektrische Menschen. Auch ich selbst bewege mich hier in Graz in einem anderen Rhythmus.”

„Dieses Niveau an Ungerechtigkeit zu akzeptieren, wie diese Welt so ambivalent sein kann, das ist für mich immer noch seltsam. Langsam gewöhne ich mich an diese Dinge, aber es ist immer noch seltsam. Als ich im März nach Graz kam, bekam ich eine kognitive Dissonanz. Ich ging mehrere Wochen nicht aus dem Haus. Wenn ich hinausging und Menschen auf der Straße weißen Spritzer trinken und Zeitung lesen sah, und in diesen Zeitungen sah ich unsere zerbombten Städte. Das war vollkommen surreal.”

Foto: Thomas Raggam

In so einem Fall habe sie einerseits das Gefühl, einfach weitergehen zu wollen. „Andrerseits habe ich das Gefühl, es ist meine Verantwortung die Menschen daran zu erinnern, dass der Krieg nicht vorbei ist. Es ist das einzige, was ich gut kann. Ich bin nicht in den Krieg gegangen, ich war nicht stark genug um zu bleiben und als Freiwillige zu arbeiten. Meine einzige Waffe ist die Kunst. Sie hilft mir auch, mit der Situation fertig zu werden. Wenn ich arbeite, fühle ich, dass ich lebe, dass ich immer noch ich selbst sein kann. Als der Krieg ausbrach, hatte ich das Gefühl, mich selbst zu verlieren, weil ich dachte, mit Theater kann man keinen Krieg beenden.”

„In den ersten Wochen des Krieges waren wir ratlos. Was sollen wir mit unseren Performances, mit unseren Installationen, unseren Bildern machen? Wir können sie ja nicht einfach gegen russische Panzer werfen. Wenn man dann wieder anfängt, Kunst zu machen, dann verleiht es einem das Gefühl, dass sie unsere Kultur nicht zerstören können. Ein großer Teil der russischen Ressourcen geht ja in diese psychologische und kulturelle Kriegsführung, in der sie uns eine eigene Kultur und Identität absprechen und behaupten, wir seien einfach nur Kleinrussland. Seit hunderten von Jahren versuchen sie, die Seiten aus unserer Geschichtsbüchern zu reißen oder die Wahrheit zu verdrehen. In dem Augenblick aber, wo wir unsere Geschichte schreiben, schreiben wir sie fest. Wir dokumentieren die Wirklichkeit und fügen unsere Sichtweise dazu.”

Der Gedanke an eine mögliche Versöhnung mit Russland, wenn der Krieg einst vorbei sein wird, fällt Nina Khyzhna schwer. Darüber könne man erst reden, wenn die verfassungsmäßigen Grenzen der Ukraine wiederhergestellt seien. „Dafür wenden wir all unsere Kräfte auf, da müssen wir durch. Danach kann man reden. Zuerst werden wir über Reparationen reden müssen. Alles andere kommt später.”

Sie selbst bleibt jetzt einmal in Graz. Am 21. November wirkt sie in Graz an einer performativen Lesung des Dokumentarstücks „Unbeugsames Cherson” im Theater am Lend mit, im Dezember folgt die Aufführung der Theaterperformance im Rahmen ihrer Künstlerresidenz. Diese wurde mittlerweile um zwei Monate verlängert. Auch für diese Zeit, Februar-März, hat sie schon Pläne: ein Projekt mit dem sie zu ihren ursprünglichen Ideen für ihren Graz-Aufenthalt zurückkehren will, bevor der Krieg ausbrach und das jetzige Thema bestimmte. Es soll sich mit Flüchtlingen und Immigranten aus den verschiedensten Ländern befassen, „ein Dialog über Gemeinsamkeiten und Unterschiede”. Aber, wer weiß, seufzt sie: „Für mich verändert sich alles so rasch. Ich hatte für dieses Jahr schon ganz genaue Vorstellungen, alles war perfekt geplant und jetzt liegt alles in Trümmern. Jetzt verstehe ich: Alles kann sich ändern. Ich versuche mein Leben flexibel zu halten.”