Königin der Katzen

Tetiana Shtykalo ist eine Künstlerin aus Odessa (Ukraine), die sich aufgrund des russischen Angriffskriegs gezwungen sah, die Ukraine zu verlassen. Mit ihrem Ehemann und ihrem Hund verließ sie ihre Heimat und kam nach Österreich. »Office Ukraine. Shelter for Ukrainian Artists« half ihnen nicht nur, eine Unterkunft zu finden, sondern auch weiterhin ihrer künstlerischen Arbeit nachgehen zu können. Wir haben mit Tetiana während unseres letzten “Get Together”-Treffens, das alle zwei Wochen im FREIRAUM UKRAINE im MuseumsQuartier Wien stattgefunden hat, gesprochen.
Wie bist du nach Österreich gekommen und wie hast du von Office Ukraine erfahren?
Wir haben die Ukraine am ersten Kriegstag verlassen und sind auf der Suche nach einer leistbaren Unterkunft quer durch Europa gefahren. Schließlich sind wir über Social Media auf das Office Ukraine gestoßen. Wir haben dieses sofort angeschrieben und uns wurden einige Kontakte gegeben. So sind wir an eine österreichische Künstlerin gekommen, die ein Haus angeboten hat. Nun sind wir sehr dankbar, dass wir an diesem sicheren und schönen Ort wohnen können. Wie war dein Leben vor dem Krieg? Ich habe studiert und im Anschluss 22 Jahre als Senior Lecturer an der Pädagogischen Hochschule in Odessa gearbeitet. Ich habe dort Skulptur, Keramik und Zeichnen unterrichtet. In Odessa konnte ich 2018 ein großes Skultpturenprojekt über Katzen realisieren. Projektbeginn war bereits 2012, und es dauerte fünf Jahre, um alle notwendigen Genehmigungen von den städtischen und staatlichen Behörden einzuholen. In Odessa kennen mich alle und nennen mich „Katzenmutter”.
In welcher Form hat Office Ukraine dir geholfen?
Office Ukraine hat mir viel geholfen. Ich konnte mittlerweile ein gutes Netzwerk aufbauen und habe Einladungen für private Projekte und Initiativen erhalten. Aus Erfahrung weiß ich, dass es sogar in Odessa nicht leicht ist, eine Einladung für eine Ausstellung zu bekommen, aber hier in Wien ist wirklich viel los. Ich gebe Filz-Workshops für ukrainische Kinder im Freiraum Ukraine, und am 26. Mai hat ein Gips-Workshop stattgefunden. Ich bin zuversichtlich, dass sich noch mehr daraus ergeben wird, und ich bin natürlich offen für weitere Angebote.
Woran arbeitest du derzeit?
Ich möchte eine große Installation aus Gipsobjekten gestalten. Aber der Arbeitsprozess war nicht einfach. Ich habe sehr viel Gips verwendet, um ein perfektes Ergebnis zu erhalten, und am Ende hat es wirklich geklappt. Es ist ein hohles Objekt und wurde in einer der anspruchsvollsten Gipstechniken ausgeführt. Denn hier in Österreich ist Gips etwas anders als in der Ukraine, und so muss ich viel experimentieren, bevor es klappt.
Was für einen Eindruck hast du von Wien und Österreich bekommen?
Das erste Mal war ich 2002 in Wien zu Besuch. Ich kenne sowohl die Stadt als auch Österreich recht gut. Als ich in Wien war, hatte ich einen Kulturschock. Im Anschluss an die Reise war ich nach meiner Rückkehr nach Odessa einen Monat lang deprimiert. Ich war sehr beeindruckt von der Secession gewesen. Ich mag aber auch die österreichischen Kleinstädte am Land. Es ist ein wundervoller Ort zum Leben. Und ich habe den Eindruck, dass Österreich auch, was das Klima betrifft, große Ähnlichkeiten zu Odessa aufweist. In Wien habe ich jetzt viele Museen und Galerien besucht, und manche sind natürlich interessanter als andere. Ich freue mich schon auf die Ausstellung von Ai Weiwei in der Albertina. Seine Arbeit zu sozialen Themen ist essentiell für mich.
Welche Aspekte des Lebens findest du ungewöhnlich in Österreich verglichen zur Ukraine?
Alle bürokratischen Vorgänge hier in Österreich und dem Rest von Europa verschlingen sehr viel Zeit. In der Ukraine hatte ich mich z. B. daran gewöhnt, meine neue Bankkarte innerhalb von 15 Minuten zu erhalten, hier muss ich zwei Wochen darauf warten. Also muss ich lernen, geduldig zu sein. Ich bin schon über einen Monat in Österreich und habe bisher noch keinen Job, aber ich will alles dafür tun, um rasch einen zu finden. Das Interview wurde geführt von: Natalia Gurova, Office Ukraine/Wien
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